Digitale Werkstatt

Die digitale Welt des Handwerks

Seit unser privates Leben ohne Smartphone und Tablet nicht mal mehr denkbar ist, wird auch das Berufsleben des Handwerks stetig weiter digitalisiert.

Fand die Kommunikation mit dem Kunden bislang über ein Büro statt, veranlassen mobile Medien schnelle Antworten und Reaktionen – von wo auch immer man sich gerade befindet.

Wir haben uns daran gewöhnt, und fordern es sogar ein. Lange Wartezeiten werden kaum noch akzeptiert. Direkte Antworten und Datenübertragung sind Standard geworden. Neben Effizienz bieten digitale Medien die sichere Übermittlung sensibler Daten in Sekundenschnelle.

 

Mit neuen Technologien effizient organisieren

In zahlreichen Produktionsbereichen des Handwerks war die Digitalisierung bereits eingezogen, als die digitale Mediennutzung generell noch in den Kinderschuhen steckte. Denken wir hier nur an die Berufe Druckerei und Fotografie, die schon seit längerer Zeit digital produzieren. Zu Beginn der Umstellung auf die digitale Produktion mussten fundamentale Änderungen im Produktionsbereich noch mit herkömmlichen Schritten unterstützt werden. Beispielsweise wurden digitale Druckdaten zunächst auf Diskette und später auf CD gezogen und auf dem Postweg versandt. Heute reicht – eine funktionierende Datenverbindung vorausgesetzt – ein normaler E-Mail-Account oder ein Cloudsystem und jegliche Kommunikation vollzieht sich auf allen Stufen der Wertschöpfung digital. Das ist nur ein Beispiel aus der Welt, die für uns völlige Normalität bedeutet. Dass die Technologien in immer größeren Schritten fortschreiten, ist auch bereits Normalität geworden.

 

Mit neuen Medien arbeiten

Trumpften innovative Raumausstatter, Tischler- und Malerbetriebe mit Computergrafiken auf, die Farbbeispiele und Raumwirkung auf dem betrieblichen Bildschirm demonstrierten, so reichen heute Smartphone oder eine potente Konsole, um in interaktive Umgebungen einzutauchen: Virtual-Reality-Brillen erobern gerade Marktfelder und Bereiche, die mit Science-Fiction nichts mehr zu tun haben, sondern auch hier Berufsalltag und Vertriebsstrategie bedeuten. Jetzt betreten Kunden ganze Räume und erleben virtuelle Welten. Entscheidungen werden „greifbar“ gemacht, Erklärungen werden zu Erfahrungen.

 

Digitale Daten. Das Handwerk ist bereits online

Im traditionellen Gewerbe reduziert man die Digitalisierung oft auf das „Büro“ und entdeckt sie im Produktionsprozess oftmals erst auf den zweiten Blick. Für viele Betriebe selbst, wird das Thema gerne passiv angegangen und scheint auch offenbar schwierig greifbar und noch schwieriger planbar zu sein. Obwohl bereits vieles getan ist! Enorme Entwicklungen sind hier schleichend passiert – und die Betriebe haben sich sukzessive angepasst oder anpassen müssen: Beispiel KFZ-Werkstatt. Von der Diagnose bis zur Problembehebung ist der Laptop das Werkzeug der Wahl geworden. Das allgemeine Bild hat sich vom ölverschmierten Schrauber zum digital versierten KFZ-Techniker gewandelt. Ob bewusst oder unbewusst, wahrgenommen wird nur das Resultat: das Auto läuft wieder … Wie viel moderne Technologie dahinter steckt, bleibt meist unentdeckt.

CNC-Maschinen fanden bereits Mitte der 1970er Jahre ihren Einsatz. War zunächst nur der Output der Maschinen vollautomatisch, so wurde mit den Jahren auch die Seite des Inputs verbessert. Schritt für Schritt wurden die Maschinen mit Softwaresteuerungen weiterentwickelt, um präziseste Verarbeitung und zudem hohe Stückzahlen zu gewährleisten. Das setzte Computerkenntnisse und Computereinsatz voraus und brachte schon früh High-Tech in die Unternehmen der Holz- und Metallverarbeitung. Ein heute selbstverständliches Niveau, das auf handwerklicher Ausbildung gegründet wurde.

 

Robotik –heißt noch lange nicht fremdgesteuert

Großen Raum nimmt zurzeit die Entwicklung der Robotik ein. Sie ist ein übergreifendes Zusammenspiel aus hoch technologisierter Steuerungssoftware (insbesondere Künstliche Intelligenz), Informatik, Elektrotechnik und Maschinenbau. Ziel ist es, durch Programmierung und Steuerung das Zusammenarbeiten von Roboter-Elektronik und Roboter-Mechanik in den Produktionsprozess zu integrieren.

Jeder neue Umbruch in der Technologie wird schnell als Bedrohung für das Handwerk und speziell für die Mitarbeiter im produzierenden Gewerbe gesehen. Die Erfahrungen aus der Geschichte der Industrialisierung zeigen jedoch, dass neue Technologien immer zu neuen Lösungsansätzen und zu erweiterten Anwendungen geführt haben. Aber auch zu einer neuen Definition der Arbeitsinhalte. Wenn also Roboter die Fertigung in den Betriebshallen der Zukunft dominieren, wird es immer noch notwendig sein, bestens ausgebildete Menschen dafür zu beschäftigen. Dies setzt in erster Linie beste Material- und Fachkenntnis voraus. Ohne das tiefe Wissen von Materialverhalten, Verwendungsqualitäten und Nutzungsformen kann High-Tech alleine keine Ergebnisse erzielen. Diese Qualifikation wird ausschließlich mit einer fundierten Ausbildung und reichlich Erfahrung im entsprechenden Handwerksberuf erworben. Hierauf bauen dann weitere Talente und Fertigkeiten wie technologisches Verständnis, aber auch Kreativität und Servicebereitschaft auf. Und wer dazu den Markt und die Kundenbedürfnisse kennt – d.h. mit einer Menge an Daten umzugehen weiß, kann aus persönlichen Fähigkeiten und technischen Möglichkeiten erfolgreich maß- und passgenau neue Produkte und soliden Service anbieten. Das ist die große Chance für Innovation und Neuentwicklungen.

 

3D-Druck. Ein Schlagwort mit Schlagkraft

Die Einsatzgebiete des 3D-Drucks entwickeln sich rasend weiter. Viele Gewerke sind fasziniert von den neuen Werkstoffen, die zum Einsatz kommen können. Der Aufbau der Werkstücke erfolgt computergesteuert nach vorgegebenen Maßen und Formen (CAD). Neben Kunststoffen wird mit Kunstharz, Keramik und Metall gearbeitet. Werden 3D-Drucker bislang in Industrie und Forschung eingesetzt, können mit sinkenden Preisen und komfortablen Anwendungstools die 3D-Drucker stärkeren Einzug in die Handwerksbetriebe finden. Auch hier gilt es, die Basis für diese Art der Fertigungen zu beachten. Gedruckt kann vieles werden, Verwendung findet aber nur, was vorher vermessen, geplant und konstruiert wurde. Dazu müssen die Anwender über genaueste Kenntnisse aus den einschlägigen Gewerken zu Material, Form und Verwendung verfügen – sowie neue notwendige Tools beherrschen lernen, wie hochpräzise Kameras, die Objekte einscannen und digitalisieren und Gestaltungsprogramme, die aus den grafischen Bereichen bereits bekannt sind, wie beispielsweise „Photoshop“

Und hier genau liegt das Plus des Handwerks: Wenn solides handwerkliches Fachwissen und Erfahrung auf neueste Technologien treffen, entsteht Innovation und Entwicklung – und jede Menge Kreativität.

 

Potenziale der Digitalisierung auch im Handwerksbetrieb

Sprechen wir über Datenbeschaffung, -organisation und -verwendung im Handel, erkennen alle die Verbindung und den Nutzen der heutigen Digitalisierung. Welche dieser Daten aber benötigt hierbei ein Handwerksbetrieb? Wie kann er sie einsetzen und mit welchem Nutzen?

Kundenservice, Betreuung und effiziente Beratung sind Kernanliegen eines jeden Betriebes. Hier unterstützen digitale Medien und entsprechende Software-Applikationen bei Kundenbindung und Projekt-Handling: Warenwirtschaftssysteme bringen Kosten, Materialströme auf eine transparente Ebene. Spezielle Auftragssoftware plant Personaleinsatz und Zeitmanagement.

 

In Organisation / Administration
  • Kundendatenbanken
  • Online-Termin-Managementsysteme für Kundenbesuch und Termin-Organisation
  • Verwaltung elektronischer Dokumente über Dokumentenmanagementsystem (DMS)
  • Externe Datenspeicher und multipler Zugriff über Cloud-Systeme

 

In der Produktion
  • Branchenspezifische Warenwirtschaftssysteme zur Dokumentation Einkauf, Produktion, Verkauf
  • Digitale Workflow-Programme zur Optimieren der Arbeitsabläufe
  • Vernetzte ERP-Software (Enterprise-Resource-Planning) zur Kapital-, Personal- und Materialplanung und Kostenrechnung
  • Digitales Qualitätsmanagement
  • 3D-Druck und Anwendungssoftware

 

In Kundenbetreuung und Vertrieb
  • Digitalisierte Patienten/Kundenakten für Gesundheitshandwerke, Pflege, Service
  • Kundenmanagementsystemen (CRM= Customer-Relationship-Management) zur systematischen Kundenbearbeitung und Datenanalyse
  • Digitale, visueller Darstellungen, Skizzen, Animationen zur Produkterklärung, Montagehinweise, usw.
  • Augmented-Reality-Anwendungen: Produkt- oder Verfahrens-Videos
  • Digitale Displays (Digital Signage) im Ladengeschäft, auf Messen und bei Veranstaltungen
  • Kundenakquise und Bindung über Social-Media-Kanäle
  • Betrieb und Verwalten eines eigenen Online-Shops über E-Commerce

 

Information ist alles

Was bei dieser Entwicklung immer wichtiger wird, ist die genaue Kenntnis der einzelnen Technologien, um den speziellen Input für Fertigung und Service zu geben. So öffnen neuen Technologien viele neue Türen. Handwerksmessen, Informationsforen im Internet, Produktschulungen einzelner Anbieter sind beliebte und bewährte Orte, neues Wissen für sich zu entdecken und im Handwerk umzusetzen. Es lohnt sich die Augen offen zu halten!

 

Handwerk goes digital

Wenn kreative Ideen auf digitale Fertigung treffen, entsteht Mehrwert:

Persönliche Skills
  • Fachkenntnis
  • Materialkenntnis
  • Kreative Ideen
  • Digitales Verständnis
+ Soft- und Hardware-Einsatz
  • Integration neuer Technik in bestehende Produktionsabläufe
  • Integration neuer Technik in innovative Produkte
= Digitaler Mehrwert im Handwerk
  • Qualifizierte Personalisierung
  • Angebot neuer Techniken und Technologien
  • Funktionale Lösungen
  • Erweiterte und neue Produkt-Anwendungen

 

Autor: Mathias Brugger für den lvh – Wirtschaftsverband Handwerk und Dienstleister