Intelligente Logistik - Unser Leben auf Bestellung

Intelligente Logistik – Unser Leben auf Bestellung

Unser Leben auf Bestellung

Was heute für viele einfach nur bequem ist, wird für alle alltäglich werden: die Belieferung frei Haus, auf Knopfdruck – oder nicht einmal mehr das. Denn im Smart-Home bestellt die Waschmaschine selbst das Waschpulver und dank „Alexa“ bestellen wir einfach auf Zuruf die neue Windelpackung für den Nachwuchs, weil wiedermal keine Hand frei ist.

Noch ist es nicht ganz so weit, aber lange wird es nicht mehr dauern. Der Weg zur digitalen Bestellung ist bereits gut geebnet und wird international stark umkämpft – auch bei uns. Amazon und Co. arbeiten fieberhaft an smarter Logistik, die jedermann mit den Dingen des täglichen Lebens versorgt, egal wo er sich gerade befindet.

Gestern fuhren wir noch zum Kaufmann in die Stadt. Heute bestellen wir schon viele Dinge im Internet. Und Morgen? Was verändert sich noch alles? Können wir als Teil der globalen Lieferkette auch lokal profitieren? In Chancen und Risiken geben die folgenden Punkte einen ersten Einblick.

Business on-demand

Wir sind bereits gewohnt, schnellsten Zugriff auf Informationen zu haben. Daten und Nachrichten via Smartphone, Tablet und PC gehören zu unserem Leben. Wer jetzt auf eine Bestellung warten muss, wird ungeduldig. Waren und Dienstleistungen sind der logische nächste Schritt zur Beschleunigung. Hier müssen Handel, Zulieferer und Produktionsbetriebe ebenso schnell und flexibel auf die Kundennachfrage reagieren können. Sonst ist die Konkurrenz am Zug. Das Rennen machen echtzeitnahe „Supply Chains“ (Lieferketten). Das Lieferversprechen „am nächsten Tag“ wird abgelöst von „Same-day-delivery“. Möglich machen dies dezentrale Lager wie auch der Blick in die virtuelle Kristallkugel. Spezialisten wie Amazon warten nicht auf Bestellungen, sie sagen sie voraus! Schon heute analysieren sie online-Daten und Surf-Verhalten im Internet und sorgen logistisch vor. Produkte, die uns interessieren könnten, werden vorsorglich geografisch näher zu unserer Lieferadresse gebracht. Wenn wir dann wirklich bestellen, ist die Ware schon in der Nähe und wird kurzfristig geliefert. Was wie ein Zaubertrick erscheint, ist die Arbeit von Algorithmen und großen Investitionen.

RoboRetail

Auch Roboter in Logistik und Lagerhaltung sind bereits normal. Kein großes Versandlager kommt ohne intelligente Technik in die Gewinnzone. Für den Einsatz am POS (Point of sale), dort wo wir noch persönlich einkaufen, hält sie aber auch schon Einzug. Selbstscannende Kassen und bargeldlose Zahlungen sind nur ein erstes Beispiel.

Voice Commerce

Wirklich neu ist „Voice Commerce“, als Fortführung der bekannten online-Bestellung am Bildschirm. Ohne Touchscreen oder Display ermöglichen Digitale Sprachassistenten unseren

Einkauf per Sprachsteuerung. Einfacher geht’s nun wirklich kaum.

Dash Delivery – Einkauf per Knopfdruck

Bequemlichkeit ist Trumpf. Mit dem neuen Service zeigen die großen Versender, woran sie gerade arbeiten. Der „Dash“ ist ein elektronischer Alleskönner. In Form eines Buttons kann er überall in der Wohnung angebracht werden, an der Waschmaschine, am Kühlschrank, im Badezimmer. Wird er durch Knopfdruck aktiviert, setzt sich die programmierte Nachlieferung von Toilettenpapier, Weichspüler und Lieblingsjoghurt in Gang und Amazon steht kurz darauf mit den gewünschten Waren vor der Türe.

Global bestellt – lokal geliefert

Und genau hier tobt zurzeit der härteste Kampf: der letzte Meter bis zum Kunden. Denn die große Schwäche des E-Commerce ist die Lieferung selbst: Egal wie schnell man liefert, was ist wenn der Kunde nicht zuhause ist? Packstationen und nette Nachbarn sind nur Notlösungen. Spätestens an diesem Punkt wünschen manche, sie hätten einfach im Laden eingekauft.

Mit Hochdruck und hohen Investitionen suchen die Transportunternehmen wie DHL, UPS, etc. nach effizienten Lösungen. Sie investieren in neue Logistik-Zentren, Fahrzeugparks, Drohnen und effizientere Software. Bis 2019 wird das amerikanische Logistik-Unternehmen UPS insgesamt zwei Milliarden US-Dollar in ein europäisches Netzwerk stecken. DHL bietet in deutschen Städten wie Berlin, München und Köln Wunsch-Liefertermine an. Der Kunde entscheidet, zu welcher Uhrzeit er sein Paket geliefert bekommt. Ein jeweils zweistündiges Zeitfenster steht dafür bereit.

Große Logistiker in Deutschland setzen bei der Endauslieferung auch auf lokale Start-ups, die flink und flexibel in der Region ausliefern. Auch „Crowd-Delivery“ ist im Kommen und geht das Problem von der anderen Seite an: Damit Pakete innerhalb weniger Stunden ankommen, werden sie beim privaten Versender persönlich abgeholt, der diese verschickt oder noch am gleichen Tag innerhalb der Stadt ausliefert. Bequem ist auch dieser Service: ein Lieferkurier wird ins Einkaufszentrum oder Möbelgeschäft bestellt, um größere Einkäufe sicher nachhause zu bringen. Ein Modell für Großstädter, die keinen eigenen PKW mehr besitzen, und all jene, die für eine einzige Fahrt keinen Leih-Lieferwagen anmieten möchten. Einige weitere Beispiele werden zusammenfassend angeführt. Einige davon wurden in ausführlicher Form im Retail-Report des Zukunftsinstituts präsentiert.

Brot und Smoothie aus der Box

Seit 2017 bietet die Deutsche Bahn in Stuttgart und Berlin die „DB BahnhofsBoxen“ an.

In Zusammenarbeit mit einer nationalen Supermarktkette und lokalen Start-ups werden im Bahnhof Service-Schließfächer angeboten. Per App und online können Lebensmittel bestellt werden. Bis zur Abholung lagern die Waren dann gut gekühlt in der reservierten Box und werden vom Kunden „on-the-go“, bequem am Nachhauseweg abgeholt. Ein Zugangscode sichert alles ab. Wer träumt nicht, von einer vollen Einkaufstasche – ohne den Stress, nach Feierabend noch extra los zu müssen.

Sowohl als auch: Integrated Commerce

Ein Pilotprojekt in Berlin ermöglicht Zalando-Kunden auch auf die Angebote stationärer Shops vor Ort zuzugreifen. Ausgeliefert werden die Waren nicht einzeln aus dem zentralen Zalando-Logistiklager, sondern direkt aus dem Geschäft in der City per Kurier.

Taxi für alles … in den USA

Wer in den USA ein Taxi bei Uber bestellt, kann auch Waren transportieren lassen. Attraktiv für Unternehmen, denn sie können ihre Logistiksoftware mit UberRush über Shopify synchronisieren. Dank Online-Tracking kann der Kunde jederzeit sehen, wo sich seine Ware gerade befindet.

Frisch gebacken – die Pizza-Trucks

Zumepizza.com aus dem Silicon Valley setzt auf frische Ware. Nach dem Bestelleingang setzt sich der Fertigungsprozess in Bewegung. Im wahrsten Sinne des Wortes: in fernsteuerbaren Öfen wird der Pizzateig von Robotern weiterverarbeitet – im Liefertruck. Gebacken wird die Pizza während der Fahrt zum Kunden und wird auf den Garpunkt genau geliefert, denn für die Fahrt integriert das System auch die aktuellen Verkehrsdaten. Je nach Verkehrslage starten die Öfen genau zum richtigen Zeitpunkt.

Eine bahnbrechende Idee, mit der jegliche Produktionsprozesse auf die Straße oder die Schiene verlegt werden könnten; die Zeit der Produktion wird in die Transportzeit zum Kunden gelegt. Mit den neuen 3D-Druckern ist auch diese Zukunft machbar.

Chancen für das heimische Handwerk

Nicht jedes dieser Zukunftsbeispiele wird sich in Südtirol etablieren. Aber gute Ideen können bereits jetzt weitergedacht und aufgegriffen werden. Sei es von Taxi-Unternehmern auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern oder für regionale Südtiroler Betriebe, die maß- und passgenaue Lösungen für nationale und globale Logistiker und Unternehmen anbieten können.

Zielführend wird sein, sich nicht gegen die zukunftsträchtigen Veränderungen zu stemmen. Die Zukunft aufzuhalten, wäre ein fataler Versuch: sie mitzugestalten der erfolgreichere Weg. Die Chancen für Südtirol stecken in der großen Kompetenz und der Flexibilität, die unsere kleineren und mittelständischen Handwerksbetriebe mitbringen – auch und gerade für Neuerungen und frische Ideen. Ihre fachliche Kompetenz in Kombination mit den genauen Ortskenntnissen und im routinierten Umgang mit den besonderen Gegebenheiten der Alpenregion machen sie als Partner für nationale und globale Unternehmen attraktiv. Hier verbinden sich handwerkliches Know-how mit genauer Marktkenntnis und guter Marktrecherche. Mit frischen Ideen und wachen Augen werden aus Risiken neuen Chancen und die digitalen Möglichkeiten zu einem gewinnbringenden Werkzeug im Handwerk.

 

Autor:

Mathias Brugger

Gesellschafter rcm-solutions GmbH