(Un)soziale Dynamiken in allen Netzwerken

Die Zukunft der (un)sozialen Netzwerke liegt in unserer Hand

Oft Reflex statt Reflexion

Facebook, Instagram, Linkedin, Snapchat, TikTok, Twitter und Co. … mediale Präsenz in  Sozialen Netzwerken besetzt auch im Wirtschaftsleben zunehmend Platz und Zeit.

Selbst für diejenigen, die sich damit beruflich beschäftigen, wird die Welt der „virtuellen Lebensräume“ mit ihren Spielregeln immer komplexer. Man findet dort alles. Von Privatpersonen, die schier jede Regung ihres Lebens in Echtzeit kommunizieren müssen, wie den Zahnarztbesuch, bis zu Top-Fachleuten mit professionellen Anliegen und gesellschaftlichen Lösungen aus Wissenschaft und Forschung. Politische Influencer tauschen sich aus mit Unternehmen, die über ihre Produktneuheiten bis zum Mitarbeiter-Event alles im Netz ventilieren. Kein Thema, keine Meinung bleibt unberührt und wird großzügig mitgeteilt,  gepostet. Jedes Produkt, jede Dienstleistung und jeder einzelne Kommentar dazu findet eine Bühne und jede Menge Zuschauer.

Werbung im Web. Gut zu wissen, wie es geht

Seit dem Erscheinen der ersten Plattformen haben Unternehmen und Freiberufler die Werbepotenziale der Sozialen Netzwerke für zielgruppennahe Werbung genutzt und weiter ausgebaut. Trends und Medien bieten hier großen Gestaltungsraum für Chancen und Profit. Doch mittlerweile scharen sich dort Abonnenten, Freunde mit Kommentaren in ihren Accounts ohne jegliche Differenzierung. Der Schneeball ist ins Rollen gekommen, aber was zieht er mit sich?

Vorbei ist die gewollte Zielgruppennähe, sie wurde aufgegeben für globale Präsenz. Noch scheint die Dynamik, von einem Post oder Like zum nächsten weitergereicht zu werden, für viele Accountbetreiber nahezu genial. Genial „viel“ heißt aber leider nicht immer genial „richtig“. Denn was nutzt mir der Follower aus Connecticut, USA, wenn ich regionaler Anbieter für Baubedarf im Zillertal bin? Ist der Zeitaufwand gerechtfertigt, den ich für die Pflege und die Kontrolle (!) meiner stets aktuellen Accounts betreibe?  Sind die Aussagen, Kommentare meiner Follower durchweg positiv oder auch kontraproduktiv? Wie schütze ich mich vor ungerechtfertigten Bewertungen? Kann ich Falschmeldungen widersprechen? Muss ich alle Netzwerke bedienen?

Wer hier nicht die richtigen Antworten hat, dem schwinden nicht nur die Chancen, sondern erzeugt eigene Stolperstellen und wahre Risiken.

(Un)soziale Dynamiken in allen Netzwerken

Erschreckend ist festzustellen, dass Falschmeldungen und Fake-News, die z.B. auf Facebook bereits als solche entlarvt wurden, plötzlich neu auf Linkedin zirkulieren. Eine Plattform, die als seriös gilt, und wo sich Teilnehmer hauptsächlich über Businessprofile definieren und austauschen. Es belegt, dass keine Plattform vor den Einflüssen unsozialer Dynamiken geschützt ist und begründet, warum eine entsprechende Medienkompetenz hier dringend vonnöten ist.

Durch die verstärkte Homeoffice-Situation der letzten anderthalb Jahre erfuhren die Netzwerke generell enormen Zulauf. Viele Menschen nutzen vermehrt die Gelegenheit, dort Inhalte zu konsumieren … und zu produzieren. Anfangs mehr als Unterhaltung genutzt, werden Sozialen Netzwerke verstärkt als Informationsquelle betrachtet, für politische Themen genauso wie für fachliche Lösungen und gesellschaftliche Trends. Nur eins wird dabei gerne vergessen: Das System der Algorithmen. Diese sind Kern des Systems, und begünstigen sehr einseitige Interessen.

Heikle Folgen der Filterblase

Die Filterblase verstärkt nur das, was der User in seiner Agenda bereits nachgefragt hat, und sie verknüpft geschickt gesammelte Fakten mit zugeteilten Prognosen, Realität mit fadenscheinigen Möglichkeiten. So schnell wie ein Account bedient werden kann, so unerkannt bleiben diese Mechanismen, die dafür sorgen, welche Meldungen, Posts und Produktvorschläge, dem einzelnen Nutzer auf seinem Display entgegenleuchten. Erweiterte Themen, fundierte Ergebnisse, evidenzbasierte Lösungen kommen nicht zum Zuge bzw. nicht automatisch auf den Monitor. Die Echobox ist entstanden, die berühmte Filterblase. Das heißt, wir sehen von denselben Inhalten immer mehr, während alles andere aus dem Blick gerät.

Fatal ist: Was im Netz massiv präsent ist, wird schnell als relevant und Realität wahrgenommen – und Stücke dieser Scheinrelevanz werden (meist reflexhaft) weiterverbreitet an Freunde, Geschäftspartner, Kunden … über Posts, Tweets, Hashtags. Von Facebook zu Linkedin usw. Tiefere Recherche und Reflexion bleiben oft genug aus.

Der schnelle Kommentar, der rasche Post: Gefahr auf allen Seiten

Noch fataler aber ist, wenn man (zu spät) erkennen muss, falschen Wahrheiten anderer aufgesessen zu sein, diese selbst verteilt zu haben oder wiederkehrend mit dem Unternehmensadresse oder seinem Werbeaccount in einen falschen Kontext „eingefiltert“ wird. Die mediale Öffentlichkeit wird darauf ebenso massiv reagieren und zu kommentieren wissen. Die sozialen Netzwerke sind bei weitem keine Wirklichkeit. Ihr Einfluss allerdings kann sehr reale Verluste herbeiführen, Imageschaden inklusive und von Nerventerror,  Hassmails und Shitstorm gar nicht erst zu reden.

Gesellschaftliche Verantwortung im Social Network

Mit Blick auf die aktuellen Umbrüchen in der Gesellschaft, die Meinungsflut in den Netzwerken stellt sich die Frage, wie sich diese weiterentwickeln werden. Bereits gibt es Bestrebungen, Fake-News, Anfeindungen und Mobbing aufzuzeigen und gezielt einzudämmen. Auch arbeiten Plattformen an intelligenteren Algorithmen, die Nutzer wieder aus ihrer Blase führen können. Wichtige Schritte in die richtige Richtung.

Der richtige mediale Weg liegt dabei in unseren Händen: in der Auswahl der Medien, der Inhalte, der News und Meldungen. Wer hierbei die im System verborgenen Fehlerquellen kennt, kann sichere Erfolge ernten. Dies gelingt, indem man sich mit den Dynamiken auseinandersetzt und in die Tiefe geht. Sei es, was die Netzwerke selbst wie auch die dort zirkulierenden Inhalte betrifft. Dazu gehört, fremde Inhalte zu hinterfragen und eigenen Content nur gut recherchiert zu (ver)teilen, ob privat oder geschäftlich. Denn nur so kann Professionalität dargestellt und wertvolle Realität im Netz geschaffen werden.

Medienkompetenz im Social Networking

Medienkompetenz bedeutet, wahr von unwahr zu unterscheiden, Wahres zu kommunizieren und Unwahres zu lassen. Eine Eigenverantwortung, die alle schützt. Denn die Grenzen verschwimmen schnell. Mit nur einem kleinen Klick, Kommentar oder simplen Like hat man die Seite vom Zuschauer zum Akteur gewechselt. Dasselbe gilt für Unternehmen, die neben Selbstdarstellung und Produktwerbung gesellschaftliche Werte und solidarische Haltungen kommunizieren. Wer hierbei gut konzipiert hat und strukturiert an Themen herangehen kann, ist auf der sicheren Seite. Farbe bekennen, zur eigenen gesellschaftlichen Meinung stehen und diese mit geprüften Argumenten unterbauen, ist ein guter Weg.

Zusammenfassend gilt: Soziale Netzwerke sind ein öffentlicher Raum, in dem man sich nur mit Bedacht begibt; mit Höflichkeit, Anstand, ohne Hass oder Hetze sogar ein netter, informativer und unterhaltsamer Raum für alle Generationen.

Niemand möchte gern, durch einen unbedachten Klick zum weltweit geteilten Meme mutieren; auch wenn das große Reichweite generiert … es sei denn man lebt ohnehin gern ungeniert.

Wir sehen, unsere mediale Zukunft wie auch die Trends sind unser ganz realer Gestaltungsraum. Und wir können seine Entwicklung beeinflussen.

 

Der Autor
Mathias Brugger

Trendmanager
rcm-solutions

Trend-Management für Branchen, Märkte und Privatwirtschaft
InnovationsWorkshops zur Gemeinde- und Regionalentwicklung, Tourismusförderung